Evangelische
Petrusgemeinde
Mannheim Wallstadt

Geschichte

Über 450 Jahre Petrusgemeinde Wallstadt

Schon im Jahre 1496 wurde im Wormser Synodale - einem Visitationsbericht über alle Gemeinden im Bereich der Diözese Worms - eine Peterskirche in Wallstadt erwähnt, die vermutlich auf einer jahrhundertelangen Tradition fußt.

Im Jahre 1556 fand in der Kurpfalz unter dem neuen Kurfürsten Ottheinrich die Durchführung der Reformation zur lutherischen Glaubensrichtung statt. Das betraf natürlich auch die Wallstadter Gemeinde. Unter den späteren Kurfürsten ab 1559 war die Gemeinde fast durchgehend eine reformierte. Das Gotteshaus ist 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg fast vollständig zerstört worden. Lediglich die beiden unteren Geschosse des Westturms sind bis heute unversehrt geblieben.

Fast 200 Jahre lang forderte die Wallstadter Bürgerschaft vergebens den Wiederaufbau ihrer Kirche, welche als Ruine ihr Dasein fristete. Die Einweihung der neuen Petruskirche fand dann am 16.10.1872 statt. Diese wurde auf den Mauern des unteren Turmes im neogotischen Stil errichtet. Demgegenüber sind Fenster, Blendarkaden und Rundbogenfriese im Stile der Neoromanik erbaut. Das Gotteshaus gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke des Großherzoglichen Oberbaurates Hermann Behaghel. Seit 1821 gehört die Gemeinde der unierten badischen Landeskirche an.

Die im Jahre 2000 durchgeführten Renovierungsarbeiten unter der Leitung von Architekt Martin Straub dienten auch dazu, farblich den Urzustand des von Behaghel geschaffenen Werkes wieder herzustellen.

Geschichte der Glocken

Die Petruskirche ist 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg fast vollständig zerstört worden. Lediglich die beiden unteren Geschosse des Westturms sind bis heute unversehrt geblieben. 100 Jahre später wurde die Kirche wieder aufgebaut. Zum Gottes-dienst wurde zunächst mit einer Handschelle geläutet. Erst zwei Jahre später erhielt der Turm zwei Glocken. 1797 wurde die Kirche durch Blitz-einschlag schwer beschädigt und in den Jahren 1863 bis 1871 wieder saniert und neu gebaut. 1871 kam eine 3.Glocke hinzu. Man hatte damit einen fis-Moll-Dreiklang: fis, a und h. Jedoch wurden im 1. Weltkrieg die fis- und die a-Glocke beschlagnahmt. 1921 wurden sie durch zwei Stahlglocken mit den Tönen g und b ersetzt. Im zweiten Weltkrieg wurde die kleine Bronze-glocke von 1791 beschlagnahmt, aber 1947 wieder zurückgegeben. 1980 wurden die Stahlglocken durch besser klingende Bronzeglocken ersetzt.
Die größere der beiden nun ausrangierten Glocken wurde vom damaligen Kirchendiener Filser vor der Kirche auf gemauertem Fundament aufgebockt. Die kleinere wurde an Hrn. Schollmeier verkauft und lagert seither in seinem Vorgarten (hinter dem Marktplatz, beim Fahrradladen und der Physio-Praxis).
Bei der Neugestaltung des Weges zur Kirche im Jahr 2005 wurde mit vorhandenen Holzbalken der ehemaligen Scheune in direkter Nachbarschaft (alte Schmiede) der „Glockenstuhl“ hergestellt. Die Glocke wurde noch einmal mit Sandstrahl aufbereitet (Firma Kaliskan, Neckarau) und dann metallfarbig lackiert. Die Montage erfolgte mit einem Gabelstapler der Familie Bossert.
Mit Biberschgwanz-Ziegeln aus einer Spende vom Zimmergeschäft Hofmann in Reisenbach/Odenwald konnte der Glockenstuhl eingedeckt werden. Dieser Glockenstuhl ist als Fotomotiv bei Brautpaaren beliebt.
Der Glockenstuhl oben im Kirchturm ist jedoch in die Jahre gekommen. 2021 ist nun die Sanierung des Glockenstuhls dran.

„Unsere Glocken erzählen Glaubensgeschichte“

Wir hören sie (fast) täglich, aber kaum einer von uns hat die 3 Glocken unserer Petrusgemeinde schon einmal genauer in Augenschein nehmen können. Ein genauerer Blick war nur 1980 auf die 2 „neuen“ Bronzeglocken möglich. Es waren auf den Glocken Symbole, die eng mit dem Namensgeber unserer Kirche und seiner Geschichte in Verbindung stehen, zu sehen: ein Fisch und ein Schiff. Beide Symbole erzählen eine Glaubensgeschichte.


Der Fisch ist auf der 680kg schweren Sterbeglocke zu finden. Der Fisch erinnert uns daran, dass der Tod uns eine bisher verborgene Wahrheit eröffnet und Jesus in unserem Tod ein Wegweiser zur Wahrheit ist. Er gibt uns auch in seinem Tod Nahrung für das (ewige) Leben und die es zu fangen, also ans Licht bzw. an unser Ohr zu holen gilt. Damit verweist uns die Glocke mit ihrem Symbol und Klang auf den Satz aus dem Lukasevangelium (Lk 5,10) und verbindet das Symbol wiederum mit der Geschichte von Petrus: »Jesus sagte zu Petrus: ‚Fürchte dich nicht! Du wirst jetzt keine Fische mehr fangen, sondern Menschen für mich gewinnen«. Die Sterbeglocke schreibt damit mit ihrer Klanggeschichte unsere Geschichte von Leben und Sterben in die Geschichte der Kirche ein. Wir müssen uns nicht fürchten, denn Jesus ist bei uns. Er ist bei uns, wenn wir seinen Nachklang in unser Leben lassen und wir uns für ihn gewinnen lassen. Dies unterstreicht auch jener Text, den wir auf der Glocke lesen können: »Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet“ (Mt 26,41).


Das Schiff findet sich auf der 480kg schweren Betglocke. Das Schiff ist ein schon sehr altes Symbol für die Kirche. Gemeinsam ist sie unterwegs im Meer der Zeit. Mit Christus – der Mast symbolisiert das Kreuz Christi – sind die Christen unterwegs zum Hafen Gottes, der Ewigkeit. Die Ruder des Schiffes symbolisieren die Apostel. Das Schiff ist aber auch ein Symbol für das menschliche Leben, das wie eine Reise über das zum Teil stürmische Meer hin zum Hafen Gottes ist. Die Betglocke fordert uns somit durch ihren Klang zur Veränderung als Hinwendung zu Gott auf. Wir können durch das Gebet gemeinsam als Gemeinde unterwegs sein im Meer der Zeit und Gott gemeinsam begegnen. Im gemeinsamen Gebet eröffnet sich ein Zelt der Begegnung mit Gott und unseren Mitmenschen, in dem wir unbedingte Liebe erfahren können. Daran erinnert uns auch der Text, den wir auf der Glocke finden und uns in die Klanggeschichte miteinschwingen lässt »Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm« (1. Joh 4,16).

Wir wollen aber nicht jene Glocke vergessen, die schon seit 1791 Teil des Geläutes der Petrusgemeinde ist. Es ist die 172kg „leichte“ Taufglocke, die ihre eigene Geschichte erzählt: »Anselm Speck in Heidelberg goß mich der reformierten Gemeinde in Walstatt anno 1791«. Sie verweist in ihrer Selbstvorstellung, dass Wallstadt reformiert war. Sie entstand also noch vor der Badischen Union von 1821, in der sich Lutheraner und Reformiert zu einer Vereinigten Evangelisch-Protestantischen Kirche im Großherzogtum Baden zusammenschlossen und macht so auf die wechselhafte konfessionelle Geschichte der Kurpfalz aufmerksam. Vergeblich suchen wir auf dieser Glocke ein Symbol – wohl Ausdruck der reformierten Grundüberzeugung.