Buß- und Bettag, 16. November 2022
Buße mit schwerem Gerät
Am Neckarufer ist richtig schweres Gerät im Einsatz. Für mich ist das ein Sinnbild. Einen Fehler erkennen und bedauern, das ist das eine. Schon das ist nicht einfach, doch es kann sich in einer Sekunde vollziehen. Jederzeit. Umkehr ist innerlich immer möglich: Wer von Herzen darum bittet, empfängt Vergebung. In der Beziehung zu Gott kann das sekundenschnell gehen und alles ändern.
Buße tun ist mehr. Dann kommt zum Erkennen und Bedauern des Fehlers dazu, anzuerkennen, wie sehr andere deswegen leiden mussten. In den Rechtssätzen der Tora ist diese Dimension oft ausdrücklich berücksichtigt: Wer einen Schaden verursacht ist zuständig dafür, den Schaden auszugleichen. Und das ist keine Kleinigkeit. Siehe schweres gerät am neckarufer. Wir hätten nicht alles begradigen und zubetonieren sollen – das zu sagen ist sicherlich schon ein großer Schritt. Dann tatsächlich die Bagger kommen zu lassen und die Baustelle in Kauf zu nehmen. Das gehört auch dazu.
Das ist schwer und eine große Aufgabe. Da braucht es sozusagen schweres Gerät. Ich finde, dieses Bemühen um Ausgleich kommt bei uns zu kurz. Ich kenne Unfallopfer, die noch nach Jahren regelmäßig zur Krankengymnastik schlappen müssen, Arzttermine vereinbaren, ihr Leben um die Unfallfolgen herum arrangieren müssen. Das ist ungerecht!
In diesem Augenblick, wo ich das schreibe, wird wenige Kilometer südlich von mit südamerikanische Steinkohle im Großkraftwerk verfeuert. Und mit schwerem Gerät anderswo in Deutschland nach Braunkohle gebaggert. Auch hier ist zwar in Ansätzen die Erkenntnis da, dass es ein Fehler ist, so zu handeln. Aber Umkehr oder gar Buße und Wiedergutmachung? Sind noch nicht zu sehen. Dafür bete ich heute. Dass nicht nur das Neckarufer renaturiert wird. Sondern auch der Ausstieg aus der Kohle. Der Abschied vom Auto als dem Maß aller Dinge. Das Ende der Wegwerfgesellschaft. Und die Gerechtigkeit strömt wie ein Fluss, der sich sein Bett selbst suchen darf.