Evangelische
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Dienstag, 7. Februar 2023

gewonnen und zerronnen

Ich vermisse die Trauerfeiern direkt am Grab. Und das schreibe ich als glühender Fan der Friedhofskapelle! Ich hätte mir gewünscht, dass sich da der Spielraum durch die positiven Erfahrungen erweitert, dass bei einem Trauerfall je individuell entschieden werden könnte, was besser passt: Eine Feier in der Kapelle oder eine Feier am Grab? Der Ort trägt viel aus, beeinflusst Stimmung, Dauer, Stil. Ich vermisse diese Möglichkeit.

Ich vermisse die Konvente und Konferenzen per Videokonferenz. Kaum eine Zusammenkunft beginnt heute, ohne dass ausführlich darüber jubiliert wird, dass man sich nun endlich wieder von Angesicht zu Angesicht begegnen könne und die Schrecken der Bildschirmkacheln überwunden sind. Ich finde es schade, dass die Segnungen der Bildschirmkacheln nicht in ähnlicher Weise gewürdigt werden. Beruf und Care-Arbeit zu vereinbaren war so viel einfacher, als es möglich war, von jedem Ort aus an Konferenzen teilzunehmen. Der Austausch miteinander fand viel schneller auf die Sachebene, wenn ein Zufallsgenerator Kleingruppen zusammenstellte und man sich da am Bildschirm sah. Dann gab es eine kurze Vorstellung und dann teilte man, was es zum Thema mitzuteilen gab.

Nebengespräche, Getuschel und Gekicher, Essen, Trinken, Stricken – nichts davon störte die Präsentationen – wer aufmerksam folgen wollte, konnte das tun. Und wenn es langweilige oder irrelevante Beiträge gab, konnte eben nicht nur unauffällig innerlich abgeschaltet werden, sondern etwas anderes, sinnvolleres getan werden. Ja, ich vermisse die Online-Konferenzen sehr.

Und wenn ich ehrlich bin, vermisse ich auch die Anerkennung der Care-Arbeit einer ganz normalen, berufstätigen Mutter. Während Corona blitzten die Familien manchmal in der öffentlichen Wahrnehmung auf: Spielplätze geschlossen, Schule im Wechselmodell, das ist bestimmt belastend für Familien. Ja, war es. Und die Situation in diesem Winter ist noch belastender. So schwer waren Kinder seit langer Zeit nicht krank. So viel Schulunterricht und Kita-Zeit ist selten krankheitsbedingt ausgefallen. Dazu die Ausfälle im Nahverkehr. Dafür zu sorgen, dass Kinder halbwegs gesund zur halbwegs rechten Zeit am rechten Ort sind – das ist Schwerstarbeit. Die Kinder haben kaum Erfahrung damit sammeln können, bei anderen Familien zu Gast zu sein. Auch solche Spielbesuche/Übernachtungsbesuche fallen deshalb als Entlastung weg. Und dann noch nebenbei erklären, warum Gott Erdbeben mit 5000 Toten zulässt… Rücksichtnahme auf diese Belastung, Anerkennung fürs Durchkämpfen erlebe ich nicht mehr. Sondern im Gegenteil eine unausgesprochene gesellschaftliche Erwartung, jetzt gelte es, die langsamen Corona-Jahre wieder aufzuholen. Jetzt müsse auch in der Gemeinde mal wieder die Post abgehen.

Ich vermisse die kurze Zeit mehrheitsfähig scheinende Annahme, dass es wichtigeres gäbe als Wohlstand und Fortschritt. Gesundheit an Leib und Seele. Ja, das vermisse ich meisten.

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