Evangelische
Petrusgemeinde
Mannheim Wallstadt

Aktuelle Meldungen

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Der Herzschlag des Christentums

Das Vaterunser ist Jesu Geschenk an uns.

Direkt aus seinem Herzen.

Wenn wir es sprechen, sind wir verbunden mit ihm, verbunden mit der Liebe Gottes, die die Welt im Großen umhüllen und halten will.

Verbunden mit der Liebe, die vom ersten Tag auch unseres Lebens um uns und über uns ist. „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Dieser Vers aus dem ersten Johannesbrief steht auf Ihrer Betglocke, hier im Turm der Petruskirche. „Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Wenn die Glocke zum Gottesdienst einlädt, wenn sie abends um 6 Uhr erklingt, wenn sie nachher beim Vaterunser läutet, dann ruft sie uns diese Liebe Gottes in Herz und Sinn, dann nimmt sie uns hinein in das, was uns alle verbindet und was im Letzten trägt. Darum beginnen wir das Vaterunser so oft mit dem Satz, dass wir alles, was wir auf dem Herzen haben, in diese Worte hineinlegen. Darum lehrt Jesus seine Jüngerinnen und Jünger dieses Gebet, als sie nicht wissen, was und wie sie eigentlich beten sollen.

Das Vaterunser sagt alles. Wir leihen uns diese Worte, wir vertrauen uns ihnen an, wir legen uns in sie hinein, weil es im letzten nicht darauf ankommt, wie fest wir stehen, wie beständig unsere Zuversicht ist, wie klug oder eloquent wir sind, wie zweifelsfrei unsere Überzeugung… Wichtig ist nur das eine: Dass wir uns der Liebe anvertrauen, die der Grund unseres Lebens ist, die uns mit allem Menschlichen verbindet, und die Gott selber ist.

 Ich habe das Vaterunser oft so erlebt, Gänsehaut verursachend gesprochen zusammen mit Tausenden auf Kirchentagen, tröstend geflüstert in unruhigen und gedankenschweren Nächten, mutmachend in Augenblicken der Unsicherheit oder Sorge.

Ich erinnere mich an einen jungen Mann, dessen Vater ich beerdigen sollte. Es war schnell deutlich – mit Kirche und Glauben schien er nicht viel am Hut zu haben. Im Beerdigungsgespräch erzählte er, wie sein Vater im Krankenhaus starb und er dabei war. Ich fragte ihn, was er dann gemacht hätte. Er sagte: „Ich habe versucht, das Vaterunser zu beten. Ich bin hängen geblieben und wusste nicht weiter. Da habe ich von vorne angefangen – und dann habe ich es geschafft!“ Das Vaterunser – offenbar fielen ihm keine anderen Worte ein in diesem Moment, die seine Liebe zu seinem verstorbenen Vater besser ausgedrückt hätten. Und so vertraute er sich diesem Herzschlag unseres Glaubens an – und fand darin Trost für den Augenblick und Mut für den nächsten Schritt.

Was für ein Geheimnis, was für ein Schatz aus der Liebe Gottes ist uns da geschenkt.

Vielleicht denken wir in Zukunft daran, wenn wir in der Ferne eine Kirchenglocke hören, sprechen in Gedanken ein schnelles Vaterunser und verbinden uns mit dieser Liebe.

Zurück