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Ostermontag, 18. April 2022

Jona und Jesus

Jona war drei Tage im Fisch, dann wurde er ausgespuckt bis ans Land, im hohen, hohen Bogen, und dann geht seine Geschichte weiter. Jesus war im Bauch der Erde, war im Grab, drei Tage lang, und dann ging auch sein Weg weiter. Naja, drei Tage…drei ziemlich kurze Tage, eigentlich nur einen Tag, am Freitag abends spät bestattet, am Sonntag früh war das Grab schon leer. Außer wenn man schon Samstagabend Osternacht feiert…

Wie im Urlaub, du buchst drei Tage, zwei Übernachtungen, aber der Anreisetag zählt eigentlich nicht mit und das auschecken ist so früh, dass eigentlich nur ein Tag Urlaub bleibt. Sei‘s drum. Sagen wir einfach mit der Tradition: Jesus war drei Tage im Grab, genau wie Jona drei Tage im Fisch war. Und dann ging bei beiden der Weg weiter – nach Gottes Willen und zum Zeichen von Gottes Gnade.

Im Matthäusevangelium wird der Vergleich mit Jona Jesus selbst in den Mund gelegt. Als die Pharisäer und Schriftgelehrten von Jesus ein Zeichen sehen wollten, sagte er: Es gibt für euch kein Zeichen – „außer dem Zeichen des Propheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein“. In der Antike verzierten Christen Grabstätten und Sarkophage mit Bildern von Walfischen – der Wal erinnert an Jona, der wiederum an Jesus. So oder so war die Hoffnung: Der Weg mit Gott geht weiter. Über das Grab hinaus. Über das vermeintliche Ende hinaus. Das gibt Hoffnung und Mut!

Soweit die Gemeinsamkeiten.

In diesem Frühling 2022 springen mir ehrlich gesagt mehr die Unterschiede ins Auge. Denn Jesus kam tot ins Grab – Jona lebend in den Fisch, der ihn rettete!

Jona war über Bord gegangen, war müde vom Schwimmen, fertig mit der Welt, der war wütend auf Gott, und wohl am meisten auf sich selbst. Der war am Ende. Der wäre auch sicher gestorben, einfach untergegangen, weil du irgendwann nicht mehr kannst. Weil es einen Preis hat, sich so dermaßen abzustrampeln. Wie der Prophet wider Willen. Und wie alle, die unter Corona-Bedigungen eine Pfarrgemeinde am Leben halten wollen. Es ist ein einziges Abgestrampel, und es ist auch nicht viel einfacher, ein Studium anzufangen, neu in ein Seniorenheim zu kommen oder eine Familie durchzubringen, ist jetzt Sport oder nicht, Testtag oder nicht, Schule mit Maske, Schule plötzlich ohne Maske, erklär das mal einem wissbegierigen Kind! Dazu noch Klimawandel und Krieg, musst du ja auch irgendwie mit klarzukommen. Dass wir auf Kosten der nächsten Generation leben – nicht sehr verantwortungsvoll von uns.

Jona ist vor der Verantwortung weggelaufen, die Gott ihm übertragen hat. Dem Gewissen kannste aber nicht weglaufen. Schlechtes Gewissen macht außerdem müde. Müde wie Jona. Der ist weggelaufen und dann hat das nicht geklappt wie geplant, weil Gott es nicht mag, wenn wir uns verstecken und kleiner machen, als wir sind. Gott mag es, wenn wir alle Gaben entfalten und nutzen, die er in uns gelegt hat! Vielleicht dämmert Jona, dass es eine schlechte Idee war, aber da ist es schon zu spät, da ist er nämlich über Bord gegangen. Das Fluchtboot wollte ihn nicht, schlechtes Karma und so. Und dann war Jona im Meer und strampelte sich ab.

Und Gott? Gott schickt den Fisch. Bei Jona ist der Fisch nicht das Grab, sondern die Rettung. Jona kann nicht mehr. Irgendwann geht es einfach nicht mehr, da ist die Kraft erschöpft. Und da schickt Gott den Fisch. Drei Tage Pause. Drei ganze Tage, nicht so gemogelt mit Anreisetage und frühem Check-out. Drei Tage. Drei Nächte. Kein Stress. kein Frühaufstehen und weiter geht’s. Drei Tage und drei Nächte Ruhe. Zeit zum Aufatmen. Zeit zum Erholen. Zeit zur Besinnung zu kommen.

Jona kommt zur Besinnung und er betet. Er betet ein Gebet für alle, denen das Wasser bis zum Hals steht. Die noch nicht tot sind, vielleicht sogar manchmal verzweifelt denken, schön wär´s. Die noch irgendwie versuchen, durchzukommen. Müde, Ausgelaugt, mit schlechtem Gewissen, denn so wollte Gott uns sicher nicht, die geschenkte Zeit, die Lebenszeit, die soll doch nicht so ein Kampf, so ein Krampf sein.

Ostern, das ist die Geschichte von Jesus, der nach sehr knapp drei Tagen vor Tau und Tag schon wieder von den Toten auferstanden war. Eine Hoffnungsgeschichte für die Verstorbenen, für die Sterbenden, und wir sind alle Sterbende, früher oder später.

Ostern ist auch die Geschichte von Jona, dem Überlebenden. Den Gott rettet, bevor er in Arbeit ertrinkt, ach nein, im Meer ertrinkt. Gott rettet ihn und schickt den Fisch und Jona hat Pause und kommt zur Besinnung und betet sein Gebet für alle, die sich fühlen, als könnten sie unmöglich schon wieder aufstehen, leben, alles geben, noch mehr tun, noch besser organisieren, Abläufe optimieren, dabei Personal und Geld einsparen und innovativ sein.

Jona betet sein Gebet für alle, denen es bis zum Hals steht. Für die auf den Schlauchbooten im Mittelmeer. Für die in den Kellern in Charkiw und Mariupol. Mögen diese Keller gute und sichere Fischbäuche sein, bis sich ein Weg öffnet an sicheres Land!

Das Gebet des Jona ist auch ein Gebet für unsere Kirchen, die immer noch weiter machen, weiterhin weg rennen vor wirklicher Buße und Umkehr. Unsere Kirchen sind im Wandel, sind schon bald nicht mehr mehrheitsfähig, sondern Fischbauch-Versammlung einer hoffnungssturen Minderheit! Auch wenn wir versteckt und klein scheinen, können wir als Kirche Segen sein für die Welt! Nicht aus eigener Kraft, sondern aus Gottes Gnade.

Gott hat Jesus von den Toten auferweckt. Weil Gott das Leben liebt. Weil er will, dass wir leben und nicht sterben, dass wir Leben als Licht für die Welt, unsere Gaben einbringen, Freude haben, Freude die Fülle!

Dieses Leben, das Gott uns gönnt, ist nicht das ständige Abstrampeln voller Angst, doch unterzugehen. Davor will Gott uns bewahren – siehe Jona. Will uns die Ruhe schenken, die Pausen, die wir brauchen um zur Besinnung zu kommen. Um zu erkennen: Wenn wir so weitermachen, gehen wir unter. Das will Gott aber nicht. Gott will, dass wir leben!

Es ist keine Schande, Zuflucht zu nehmen im Fischbauch der göttlichen Gnade, wenn es für eine Weile nötig ist. Gott weiß auch, wann wir wieder bereit sind, uns den Aufgaben zu stellen und zu gestalten und Licht zu bringen, wo Dunkelheit ist und Friede zu bringen und Mut zu machen. Gott vergisst uns nicht, wenn wir Pause machen. Übersieht uns nicht, wenn wir langsam machen. Er hat ja auch Jesus nicht vergessen, als er im Grab war. Wenn es so weit ist, lässt er uns im hohen Bogen an Land speien, oder greift zu anderen Maßnahmen, die uns im hohen Bogen dahin befördern, wo Gott uns will und braucht.

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