Samstag, 19. November 2022
Superkraft II
Die eine stammt von meiner Kollegin Karin Lackus. Sie ist Klinikseelsorgerin und Buchautorin ("Mir geht es gut, ich sterbe gerade"). Und sie ist sterbenskrank. Neulich saßen wir gemeinsam bei einer Veranstaltung zum Thema Sterben auf dem Posium. Und sie erzählte von ihrer Superkraft, die ihr hilft, ohne Angst aufs Ende zuzugehen. Wenn irgendwann der Punkt käme, wo sie die Schmerzen nicht mehr aushalten könne, würde sie sich in palliative Sedierung bringen lassen - und nichts mehr spüren, gleichsam schlafen, bis der Tod eintritt. Solange sie es aber aushalten könne, wolle sie leben! So lang wie möglich. Weil es so kostbar ist, das Leben.
Was mache ich, wenn es so dicke kommt, dass ich es schier nicht mehr aushalten kann? Nicht die Schmerzen, zum Glück bin ich da bisher verschont. Aber der Frust und der Ärger und die Sorgen und alles? Ich nehme ein Bad. Das ist meine andere Antwort. Meine kleine Superkraft: Ich kann immer noch abtauchen und die Welt draußen vor der Tür vorbeiziehen lassen. Wenn ich in der Badewanne liege ist die Botschaft der Rechtfertigung für mich immer ganz nah und wirklich. Dass ich hier auf dieser Welt sein darf, ohne etwas leisten zu müssen. Aus Gnade. Wenn mir alles zu viel wird, will ich baden. So lange wie möglich. Weil es so kostbar ist, das Leben. Zu kostbar, um es sich kaputt zu sorgen.
Haben auch ein Bad genossen: Die Grablichter haben die Konfis heute marmoriert. Schön geworden, oder?
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